13 Jahre nach meinem Start beim Berlin Marathon stand ich erneut auf der Straße des 17. Juni und blickte auf den Startbogen vor der Siegessäule. Doch diesmal nicht um einen vollen, sondern um den Berliner Halbmarathon zu laufen.
Normalerweise wäre mir der Weg nach Berlin für einen Halbmarathon etwas zu weit, schließlich gibt es im Rhein-Main-Gebiet genügend Auswahl über die 21 Kilometer, aber wenn man den Startplatz bei einem Gewinnspiel bekommt, dann kann man schon mal in die Hauptstadt fahren.
Wir fahren nach Berlin
Michelle hatte bei Instagram das Gewinnspiel von Rad-Race-Radio und Erdinger Alkoholfrei entdeckt. Ich wollte erst gar nicht daran teilnehmen, da mir eben der Weg nach Berlin für einen Halbmarathon eigentlich zu weit ist. Aber Michelle hat mich irgendwie überredet und ich glaube, es fiel auch der Satz : „Wir gewinnen ja sowieso nicht“.
Falsch gedacht. Michelle hat natürlich die beiden Startplätze für uns gewonnen und somit war klar, dass wir Anfang April zum Berliner Halbmarathon fahren.
Der katastrophale und etwas unvernünftige Lauf beim Tokyo Marathon hatte mich gesundheitlich noch eine Weile beschäftigt und so war mein Training in der Zeit bis zum Berliner Halbmarathon eher im Grundlagenbereich angesiedelt.
So richtig wohl fühlte ich mich nicht und so war auch meine Vorfreude auf Berlin eher gedämpft.
Aber Zug und Hotel waren gebucht und wir für den Lauf registriert. Es gab also kein Zurück mehr.

Berliner Halbmarathon Expo
Am Freitag Morgen ging es in aller Frühe los. Der Zug war überraschenderweise pünktlich, aber die Deutsche Bahn wäre nicht die Deutsche Bahn, wenn sie es nicht schaffen würde, auf dem Weg nach Frankfurt noch eine Viertelstunde Verspätung einzufahren. Damit war der Anschlusszug weg und die Zugbindung aufgehoben.
Für unsere Rückfahrt war sie das schon seit zwei Wochen, denn bereits da wurde uns mitgeteilt, dass unser Zug entfällt. Man wundert sich ja nicht mehr wirklich darüber.
Mittags in Berlin angekommen, ein kurzer Check-in im Hotel und auf direktem Weg zur Marathon-Expo. Dort war zum Glück nicht viel los, sodass wir unsere Startnummer ohne Wartezeit in Empfang nehmen konnten.
Dann noch ein kurzer Gang über die Messe, am Incylence Stand Hallo gesagt und dann ging es auch schon weiter, denn schließlich war draußen schönstes Frühlingswetter.
Die nächste Station war das LAP Coffee, wo Maurten ein Race Pack mit Verpflegung für uns bereit hielt.


Shake Out Run
Am nächsten Morgen ging es für uns schon früh raus, denn der Berlin Braves Runclub hatte zusammen mit Nike und Maurten zum Shake Out Run geladen.
Es gab leckeren Kaffee, den neuen Vomero und Vaporfly zum Probelaufen und on top noch ein sehr schickes Laufshirt.
In mehreren Gruppen ging es dann auf eine lockere 5 Kilometer Runde durch Kreuzberg.
Leider musste Michelle, die immer noch von den Auswirkungen ihrer Verletzungen geplagt wird, den Lauf abbrechen und damit auch letztendlich einsehen, dass ein Start am Sonntag keine Option ist.
Den Rest des Tages schlenderten wir etwas durch die Stadt, besuchten meinen Lieblingsplattenladen Coretex Records in der Oranienstraße und ließen uns einfach treiben.




Berliner Halbmarathon 2025
Nach den frühlingshaften Temperaturen der letzten Tage waren für den Renntag nur noch 2°C gemeldet. Es sollte aber zumindest die Sonne scheinen. Doch was zieht man bei diesen Bedingungen am besten an?
Ich hatte im Vorfeld alle Varianten eingepackt und entschied mich am Ende für kurze Hosen, zwei Singlets, Armlinge und Handschuhe.
Um die Zeit bis zum Start zu überbrücken, hatte ich mir noch einen alten Pulli eingepackt, den ich vor dem Start entsorgen würde.
Da der Start erst um 10 Uhr erfolgt, konnten wir gemütlich ausschlafen und dann die drei Stationen vom Bahnhof Zoo zum Hauptbahnhof fahren.
Von dort ging es dann zu Fuß einen knappen Kilometer bis zum Einlass zum Eventgelände.
Dann umziehen, raus aus den warmen Klamotten und den Kleiderbeutel abgegeben. In kurzen Hosen und Pulli ist es schon verdammt kalt. Noch eine Dreiviertelstunde bis zum Start. Doch bis zum Startblock erwartet uns noch ein knapp zwei Kilometer langer Spaziergang durch den Tiergarten.
Endlich in meinem Startblock angekommen, stelle ich mich an ein sonniges Plätzchen und lasse mich von den Sonnenstrahlen etwas wärmen.

Let’s go!
Ich stehe im ersten Startblock. Der Startbogen ist nur knapp 20 Meter vor mir. Noch 10 Minuten bis zum Start des Berliner Halbmarathon.
Mein Trainer hatte mir als Zielzeit 1:30 Stunden in den Plan geschrieben und den Lauf als „Tempotraining“ gekennzeichnet. Ich wusste, dass das die vernünftige Variante war. Doch wollte ich mich damit nicht zufriedengeben. Eine 1:25 sollte es schon werden. Pace 4 Minuten. Das wollte ich mir einfach selbst beweisen.
Dann ging es los. Natürlich viel zu schnell. Es galt, sich erstmal zu sortieren, mein Tempo und eine passende Gruppe zu finden.
Kurz nach der Siegessäule wartete Michelle am Streckenrand auf mich. Kurz winken und weiter.
Ich habe die Tempomacher für 1:25 Stunden vor mir. Ich laufe nicht gerne in der Nähe der Pacemaker, da sich um diese oft eine große Menschentraube bildet. Also versuche ich, diese möglichst schnell hinter mir zu lassen. Kaum war das vollbracht, passierte ich auch schon Kilometer 5. Die Uhr zeigt, dass ich knapp unter 19 Minuten geblieben bin. Etwas schneller als geplant.
Aber ich hänge in einer guten Gruppe, also halte ich das Tempo erstmal weiter. Was soll schon schief gehen?
Das Wetter ist perfekt. Sonnig und kühl, aber nicht zu kalt. Meine Handschuhe habe ich mir bereits nach einem Kilometer in die Hose gesteckt. Die Armlinge habe ich bei Kilometer 3 heruntergezogen. Zum Glück kam ich nicht auf die Idee, eine lange Hose anzuziehen, denke ich mir.


Die Hälfte ist geschafft
Die nächsten fünf Kilometer laufe ich mit relativ konstantem Tempo und so komme ich bei Kilometer 10 nach knapp 38 Minuten durch. So schnell bin ich schon lange keinen Zehner mehr gelaufen. Das sorgt für gute Stimmung.
Ich entscheide mich einfach so lange wie möglich in der Gruppe zu bleiben und zu schauen, wie lange das gut geht. Wenn es klappt, dann wäre das super und wenn nicht, dann ist es auch nicht schlimm.
Eine neue persönliche Bestzeit steht nicht zur Debatte und so kann ich eigentlich nur gewinnen.
Der Lauf ist sehr kurzweilig, es gibt immer etwas am Streckenrand zu sehen. Bei Kilometer 13 wartet Michelle auf mich, die sich direkt hinter dem Maurten-Stand positioniert hat. Ich greife mir ein Gel, winke kurz und weiter geht’s.
Auch bei der nächsten Zeitnahme bei Kilometer 15 ist mein Tempo unverändert. Die Pace liegt bei etwas unter 3:50 Minuten pro Kilometer. Ich bin von mir selbst überrascht. Im Vorfeld hätte ich nicht damit gerechnet, dass ich fit genug bin, um so ein Tempo mitlaufen zu können. Nun war ich auf dem Kurs, den Berliner Halbmarathon deutlich unter 1:25 Stunden zu finishen.
Doch noch fehlen mir 6 Kilometer bis zum Brandenburger Tor und der Ziellinie.

Das Ziel im Blick
So langsam verfliegt die Leichtigkeit und der Wind wird zum eisigen Gegner. Die Gruppe ist deutlich kleiner geworden und jeder versucht sich so gut es geht vor dem Wind zu verstecken.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite kommen uns die schnelleren LäuferInnen entgegen. Ich sehne dem Wendepunkt entgegen. Weit kann es nicht mehr sein. Doch auf den relativ leeren, breiten Straßen hat man das Gefühl, kaum vom Fleck zu kommen.
Dann ist es geschafft. Es geht zurück, am Fernsehturm vorbei, auf die Prachtstraße Unter den Linden. Noch zwei Kilometer schnurgerade Richtung Brandenburger Tor, das irgendwann am Horizont erscheint. Die Gruppe hat sich aufgelöst. Ich laufe gegen den Wind. Immer wieder werde ich jetzt von LäuferInnen überholt, die zum Zielsprint ansetzen.
Ich schaue auf meine Garmin, um zu prüfen, ob ich gerade langsamer werde oder alle um mich herum schneller. Letzteres ist der Fall.
Ich bin mit meinem Lauf bereits mehr als glücklich. Für einen Zielsprint fehlt mir die Kraft und der Wille. In den eigentlichen Trainingslauf hatte ich schon deutlich mehr investiert, als meinem Trainer wahrscheinlich lieb ist. Jetzt muss ich es nicht total übertreiben. Ein solides Finish lautet die Devise.



Dann ragt das Brandenburger Tor vor mir auf und wird immer größer. Ich laufe hindurch und kann die Ziellinie sehen.
Kurz darauf höre ich Michelle meinen Namen brüllen. Ich sehe sie, winke kurz und laufe die letzten 100 Meter bis zur Ziellinie.
Ich stoppe meine Uhr. 1:20:00 glatt steht auf dem Display. Das hat richtig Spaß gemacht und lässt die letzten Wochen und den fürchterlichen Lauf beim Tokyo Marathon vergessen. Ich kann doch noch schnell laufen.
Nur wenige Schritte später poppt eine WhatsApp meiner Eltern auf, die mir mein Ergebnis als Screenshot geschickt haben. 1:19:57 – Ich bin sogar noch unter der Marke von 1:20 Stunden geblieben. Ich bin von mir selbst überrascht. Das war ein richtig guter Lauf.

After Race
Im Zielbereich bekomme ich meine Medaille und eine Wärmefolie. Die ist auch dringend notwendig, denn mir ist schlagartig saukalt.
Deshalb halte ich mich auch nicht lange auf und mache mich auf den Weg zu meinem Kleiderbeutel. Ich will möglichst schnell raus aus den verschwitzten Sachen.
Dann treffe ich mich mit Michelle, die schon am Reichstag auf mich wartet. Wir wollen noch zu Nike, die eine kleine Challenge für nach dem Berliner Halbmarathon ausgerufen haben. Wir wissen aber nicht, um was es sich dabei genau handelt.
Am Standort angekommen, werden wir aufgeklärt: Wenn wir von hier die gut drei Kilometer bis zum Nike Store im neuen Nike Vomero 18 laufen, dann wartet dort eine Afterrace Party auf uns. Es gibt Getränke, Snacks und Kaffee. Dazu bekommt jeder auch noch ein Goodie-Bag und ein Laufshirt. Doch damit nicht genug. Die ersten 50, die den Laden erreichen, bekommen auch noch einen Freistart beim Halbmarathon in Kopenhagen.
Da sind wir natürlich dabei. Also schlüpfen wir in die neuen Laufschuhe und laufen los in Richtung Nike Store. Unsere Taschen müssen wir zum Glück nicht selbst tragen, sie werden per Lastenrad für uns zum Laden transportiert.
There is no finish line
Mit einer Mischung aus Gehen und Laufen erreichen wir eine halbe Stunde später den Store und bekommen tatsächlich beide einen Freistart. So gibt es nach dem Ironman Copenhagen 2023 wohl ein baldiges Wiedersehen mit der dänischen Hauptstadt. Das Motto der Party „there is no finish line“ trifft also voll und ganz zu. Nach dem Rennen ist vor dem Rennen.
Nike hat sich wirklich nicht lumpen lassen. Es gibt Bagels, Sandwiches, Salate, Cookies und dazu einen hervorragenden Kaffee. Außerdem kann man sich massieren lassen oder sich selbst mit Blackroll, Recovery Boots und Massage-Gun verwöhnen.
So verbringen wir fast zwei Stunden in dem Laden. Gerade als wir gehen wollen, treffen Nina und Heiko von Incylence ein und so werden es am Ende gute drei Stunden und wir sind mit die letzten, die den Store verlassen.
Wir verabreden uns noch mit den beiden zum Abendessen und so geht ein perfekter Wettkampftag zu Ende.



Fazit zum Berliner Halbmarathon
Ich war ja anfangs nicht wirklich begeistert, für den Halbmarathon nach Berlin zu fahren, aber im Nachhinein muss ich sagen, bin ich doch sehr froh dabei gewesen zu sein.
Für mich war es der erste wirklich große Halbmarathonlauf. Selbst der Frankfurter Halbmarathon ist im Vergleich zu Berlin ein kleines Rennen.
Die ganze Veranstaltung und das Drumherum fühlen sich an wie ein großer City-Marathon.
Eine Marathon-Expo, viele Side-Events der großen Sportartikelhersteller, diverse Shake Out Runs – das bekommt man nur bei den ganz großen Rennen.
Bei 42.000 Startern ist natürlich genug potentielle Kundschaft vor Ort.
Dass das Rennen attraktiv ist, zeigt auch der Run auf die Startplätze. So wird es für das Rennen im nächsten Jahr erstmals eine Startplatz-Lotterie geben.
Wer also gerne mal das Feeling eines großen Marathons haben möchte, aber keine 42 Kilometer laufen will, der ist beim Berliner Halbmarathon goldrichtig.

Strava Aktivität zu diesem Rennen
Infos zum Berliner Halbmarathon auf der Veranstalter Webseite