Zum 55. Mal fand der Binger Stadtlauf statt. Es sollte die dritte Teilnahme bei meinem Heimrennen werden, das traditionell am ersten Sonntag des Winzerfest in Bingen am Rhein über die 10 Kilometer ausgetragen wird.
Doch leider sollte es mir auch in diesem Jahr nicht vergönnt sein, das Rennen und damit die Münze der Stadt Bingen zu gewinnen.
Soll ich oder soll ich nicht?
Mit der Anmeldung habe ich in diesem Jahr quasi bis zur letzten Sekunde gewartet.
Im Vorfeld war ich mir unsicher, ob ich mich überhaupt für den Binger Stadtlauf anmelden sollte.
Nachdem ich ja die erste Jahreshälfte gar nicht gelaufen bin, gab es in der zweiten Jahreshälfte eigentlich nur Aufbautraining und die längeren Läufe in den Wettkämpfen beim Ironman Klagenfurt, dem Alpe d’Huez Triathlon und dem Marathon Pour Tous in Paris.
Tempotraining sucht man in meinem diesjährigen Trainingsplan vergeblich.
Doch ich wollte nicht einfach nur mitlaufen, sondern ich hatte für mich schon den Anspruch, zumindest in den Bereich von 36 Minuten zu laufen oder eben nicht zu starten.
Deshalb war dann auch die Frage an meinen Coach, ob er glaubt, dass dies ein realistisches Ziel ist.
Als Antwort fand ich den Binger Stadtlauf mit einer Zielzeit von 37 Minuten in meinem Trainingsplan. Ich interpretierte das dann mal als: “Nein, aber lauf trotzdem mit”.
Ich war hin und her gerissen. Da die Anmeldung bis Samstag offen war, wollte ich noch den Verlauf der Trainingswoche und den darin geplanten schnellen Lauf abwarten.
Freitag Abend
In der Nacht von Freitag auf Samstag wachte ich plötzlich mit Schüttelfrost auf.
So etwas hatte ich bisher nur, wenn eine Grippe im Anmarsch ist und so fühlte es sich auch an.
Alle Glieder schmerzten und die Haut kribbelte. Damit war das Thema wohl erledigt und auch meinen Start bei Bockis Biest, der Neuauflage des Ratzeburg Triathlon, sah ich schwinden.
Doch am nächsten Morgen ging es mir wieder gut. So gut, dass ich am Nachmittag sogar noch problemlos zwei Stunden Radfahren konnte.
Also beschloss ich, mich doch anzumelden und am Sonntag Morgen final zu entscheiden, ob ich starte. Im schlimmsten Fall wäre mein Startgeld dann eine Spende an den lokalen Sportverein.
Sonntag Morgen
Frisch und ausgeschlafen wachte ich am nächsten Morgen auf.
Keine Ahnung was der Auslöser für den Schüttelfrost war, aber es scheint genauso schnell verschwunden zu sein, wie es kam.
Ich werde also starten.
Draußen zeigt sich ein strahlend blauer Himmel und es ist bereits recht warm. Der Binger Stadtlauf startet allerdings erst um 12:10 Uhr. Es wird also ein Hitzerennen.
Da es zum Start nur ein Katzensprung ist, gehen wir erst um halb 12 los. Ich muss ja nur noch meine Startnummer holen und meine Laufschuhe anziehen.
Natürlich trifft man bei so einer lokalen Veranstaltung allerhand Bekannte. Alleine deshalb ist es immer schön beim Binger Stadtlauf. Nach dem ein oder anderen Schwätzchen ist es dann auch schon soweit.
Ich laufe mich kurz warm und stelle mich hinter der Startlinie auf.
“Auf die Plätze…” und der Startschuss fällt.
Der Binger Stadtlauf
Zusammen mit den Startern über die 10 Kilometer starten auch die Läufer des 5 Kilometer-Lauf.
Drei Läufer rennen vorne weg. Bei zweien bin ich mir sicher, dass sie im 5 Kilometer-Lauf starten. Beim Dritten bin ich mir nicht ganz sicher, ob er nicht im 10 Kilometer-Rennen ist. Aber egal, denn ich starte sowieso schon deutlich schneller als geplant und brauche an eine Verfolgung gar nicht erst zu denken.
Ich habe aber Glück und kann mich an einen 5000 Meter Läufer hängen, der ein gutes Tempo anschlägt. Nachdem wir geklärt haben, dass wir nicht im selben Rennen laufen, darf ich weiter an seinen Haken kleben.
Es geht zum ersten Mal die Hospitalstraße hinauf. Der Heartbreak Hill von Bingen. Es sind zwar nur 100 Meter, aber die 8% Steigung bringen einen auch auf diesem kurzen Stück ordentlich aus der Puste, so dass man oben erstmal wieder sein Tempo finden muss.
Es ist richtig warm und auf der zum Großteil schattenlosen Strecke brennt die Sonne.
Auf der langen Geraden der Gaustraße wechsle ich auf die linke Straßenseite, da diese im Schatten liegt. Jede Sonnenpause ist willkommen.
Auf der zweiten Runde setzt sich mein Tempomacher etwas ab. Da ich aber noch mehr als die Hälfte der Strecke vor mir habe, entscheide ich mich dazu, ihn ziehen zu lassen.
Nachdem er in den Zielkanal eingebogen ist, bin ich auf mich alleine gestellt.
Halbzeit
Nicht ganz einfach das Tempo zu halten, wenn weder vor noch hinter einem jemand ist.
Auf der dritten Runde tut die Hospitalstraße schon ziemlich weh. Umso mehr freue ich mich über die Anfeuerung von Michelle, die sich am Ende der Steigung platziert hat.
Ich beginne die langsameren Läufer zu überrunden. An den Verpflegungsstellen giesse ich mir Wasser über den Kopf, was allerdings nur eine kurze Abkühlung bringt.
Ich bekomme zugerufen, dass ich Zweiter bin. Also habe ich mich beim Start nicht getäuscht. Schade, dann wird es wohl wieder nichts mit dem ersten Platz.
Die letzte Runde laufe ich dann auf Autopilot.
Die Schritte werden bei der vierten Passage der Steigung immer schwerer.
Zum Glück geht es danach nur noch flach bis zum Ziel.
Allerdings hat die Sonne in der Zwischenzeit die gesamte Straßenbreite der Gaustraße in Beschlag genommen. Es gibt also auch hier keinen Schatten mehr.
Mein Pace ist deutlich abgesackt, aber es besteht auch kein Grund, schneller zu laufen. Solange ich nicht stehen bleibe, scheint mir meine Platzierung sicher.
Ich biege in den Zielkanal ein und bin froh, als ich es geschafft habe.
36:47 und zweiter Platz. Besser als erwartet.
Es war doch eine gute Entscheidung zu starten. Auch wenn es mein bisher langsamster Binger Stadtlauf war und ich fast drei Minuten länger gebraucht habe als beim Binger Stadtlauf 2022, bin ich sehr zufrieden. Darauf lässt sich doch aufbauen.
Nach dem dritten Platz 2018 und dem zweiten Platz 2022 kann ich einen weiteren zweiten Platz verbuchen. Vielleicht klappt es ja doch nochmal mit dem ersten Platz.
Belohnung nach dem Binger Stadtlauf
Nachdem ich mich wieder einigermaßen gesammelt habe, bekomme ich zur Belohnung eine Pommes auf dem Winzerfest.
Zur Siegerehrung gibt es natürlich wieder Weinpräsente, aber diesmal sogar Traubensaft als Alternative. Da bin ich doch positiv überrascht und wähle gerne die alkoholfreie Option.
Zum Abschluss des Tages geht es dann noch eine Runde auf das Rad, um die Beine zu lockern, denn nächste Woche geht es nach Ratzeburg zu Bockis Biest, zum letzten Triathlon des Jahres und dann im Oktober zum Chicago Marathon.
Das wird dann aber ein Lauf zum Genießen.
Strava Aktivität zu diesem Rennen
Infos zum Binger Stadtlauf auf der Webseite der Stadt Bingen