Ironman Copenhagen 2023 – Ein Sahnetag

Ich bin zur 10. Ausgabe des Ironman Copenhagen mit einem klaren Ziel nach Dänemark gereist. Ich möchte zum ersten Mal eine Langdistanz unter 9 Stunden finishen.
Seit fast einem Jahr ist mein Trainingsplan genau auf dieses Ziel ausgerichtet. Auf diesen einen Tag.

Jetzt ist es ein Uhr nachts und der Ironman Copenhagen wurde vor einer Stunde offiziell beendet.
Ich kann nicht schlafen. Mein Körper ist so erschöpft, aber gleichzeitig so aufgedreht, dass ich einfach nicht zur Ruhe komme. Also nutze ich die Zeit, um diesen Bericht zu schreiben und die Ereignisse von heute zu verarbeiten.
Doch fangen wir von vorn an.

Die Tage vor dem Rennen

Eine Woche vor dem Ironman Copenhagen beginnt unsere Reise. Wir fahren mit dem Auto nach Dänemark, weil wir nach dem Wettkampf noch etwas Radurlaub machen wollen und deshalb mit drei Rädern reisen. Da bleibt nur das Auto.
Die gut 1000 Kilometer Strecke fahren wir in zwei Etappen, so dass wir Montags in unserem Airbnb in Copenhagen ankommen.

Wir haben uns für eine Unterkunft außerhalb der Stadt in der Nähe des Amager Beach Park entschieden, wo der Ironman Copenhagen startet.
Noch am selben Tag stehen eine Einheit Freiwasserschwimmen und ein Lauf auf dem Plan.
Die Lagune am Amager Beach ist sehr schön, allerdings ist das Wasser mit 17°C ziemlich kalt. Außerdem ist die Lagune stellenweise sehr niedrig und es wächst sehr viel Gestrüpp unter Wasser, durch das man sich zum Teil durchkämpfen muss. Nicht die schönste Schwimmstrecke, aber dafür hat man den Auftrieb des Salzwasser und die Lagune ist relativ strömungsarm.

Radtraining mit Panne

Am nächsten Tag steht eine Radrunde auf dem Programm. Ich will die Schleife nördlich der Stadt abfahren, die man im Rennen zweimal fahren muss.
Für den Morgen ist Regen gemeldet, weshalb wir erst mittags zum Ausgangspunkt fahren und die Runde beginnen. Der Regen am Morgen ist ausgeblieben.
Nach knapp 10 Minuten übersehe ich ein Schlagloch und mit einem dumpfen Schlag platzt mir der Reifen am Hinterrad. Das ist die erste Radpanne, die ich jemals mit dem Zeitrad hatte.
Ich wechsel den Reifen. Kaum sitze ich wieder auf dem Rad, setzt Regen ein und begleitet mich die gesamte Runde.

Die Strecke ist zum Teil sehr unruhig zu fahren. Viele Kurven und Abzweigungen. Zudem teils sehr schlechter Asphalt.
Doch obwohl ich die Runde sehr locker fahre, habe ich am Ende einen 30er Schnitt auf dem Tacho. 

Kaum am Auto angekommen, hört der Regen auf und am strahlend blauen Himmel lacht die Sonne für den Rest des Tages. 
Mein Rad ist komplett mit Dreck und Sand überzogen, sodass ich den restlichen Tag mit Putzen verbringe. Meine Laune ist dementsprechend.

Auf Instagram bekomme ich mehrere Nachrichten, dass Dänemark bekannt dafür ist, dass kleine scharfkantige Steine auf der Straße liegen, die sich bei Nässe so ungünstig aufstellen, dass sie Reifenpannen verursachen.
Dazu dann noch viele Schlaglöcher und auch recht viel Glas auf der Straße. Pannenfrei durch den Wettkampf zu kommen, ist zu dem Zeitpunkt meine Hauptsorge.

Registrierung zum Ironman Copenhagen 2023

Am Donnerstag gehe ich direkt morgens zur Registrierung, in der Hoffnung eine niedrige Startnummer zu bekommen und damit einen guten Fahrradstellplatz in der Wechselzone. 

Im obligatorischen Rucksack ist beim Ironman Copenhagen exakt nichts. Nicht mal eine Dose der österreichischen Koffein-Brause befindet sich darin. Im Sinne der Nachhaltigkeit finde ich das gar nicht so schlecht, denn die Werbung und den Nippes den man oft in Goodie Bags findet, brauche ich nicht.  

Für den Rest des Tages leihen wir uns zwei Cityräder und erkunden die Stadt. Copenhagen hat den Titel der lebenswertesten Stadt der Welt nicht ganz zu Unrecht. Schöne Gebäude, viel Grün und viel Wasser und dazu eine sehr entspannte Bevölkerung. Eine Stadt mit Flair, wie man so schön sagt.

Ironman Copenhagen 2023 - Startnummer

4:18:4 Denmark Sprint Triathlon

Am Freitag entscheidet sich Michelle spontan an einem Supersprint Triathlon teilzunehmen, der auf dem Eventgelände ausgetragen wird. 400 Meter schwimmen, 18 Kilometer Radfahren und 4 Kilometer laufen. Wir sind sehr überrascht, wie groß diese Veranstaltung ist. Ich schätze das Teilnehmerfeld auf über 1000 Starter. 
Ein schönes Rennen, bei dem der Spaß im Vordergrund steht. So sieht man vom City-Rad mit Körbchen bis zum Highend-Zeitrad mit Scheibe so ziemlich alles, was zwei Räder hat.
Es gibt ein Finisher-Shirt und eine hübsche Medaille.

Am nächsten Tag steht eigentlich nur der Bike-Checkin auf dem Programm. Ich habe Glück und einen richtig guten Platz in der Wechselzone, der direkt am Ausgang liegt.
Mittags machen wir noch eine Bootstour entlang der Sehenswürdigkeiten und den Rest des Tages lege ich die Beine hoch.

Der Ironman Copenhagen 2023

Der Wecker klingelt um 4:45 Uhr. Ich sehe direkt die dicken Regentropfen am Fenster. Draußen ist alles nass.
Ich mache mir einen Kaffee und verdrücke zwei Maurten Riegel. Es folgen die üblichen Vorbereitungen und eine Stunde später verlassen wir das Haus.

An der Wechselzone angekommen, begutachte ich mein Rad. Alles ist klatschnass. Ich trockne es so gut es geht ab, befülle die Flaschen, pumpe die Reifen auf und befestige die Radschuhe an den Pedalen.

Dann ist es auch schon Zeit, sich in den Neo zu zwängen. Zu meiner Überraschung hat die Lagune eine Temperatur von 20°. Der Regen scheint wohl sehr warm gewesen zu sein.

Die Wettervorhersage sagt einen trockenen Tag voraus. Es soll angeblich perfektes Rennwetter werden. Angeblich.

Am Ausgang der Wechselzone warten Michelle und meine Eltern auf mich, die ohne mein Wissen nach Kopenhagen gereist sind, um mich zu überraschen und zu unterstützen.
Wir verabschieden uns und dann muss ich auch schon in den Startblock, denn ich habe mich in die erste Startgruppe, mit einer Zielzeit von unter einer Stunde, eingruppiert.

Schwimmen durch die Lagune

Der Start soll um 7 Uhr erfolgen. Es sind noch zwei Minuten bis zum Startschuss. Aus den Boxen dröhnt AC/DC. Die Spannung steigt.
Und dann fällt der Strom aus. Stille. Der Startbogen verliert langsam an Luft und senkt sich gen Boden. Eine skurrile Situation.
Nach ein paar Minuten geht das Licht wieder an und der Ironman Copenhagen startet mit 5 Minuten Verspätung.

Ironman Copenhagen 2023 - Schwimmstart
Copyright: Getty Images for IRONMAN

Zum Start werden einige rote Rauchtöpfe gezündet. Eigentlich bin ich ja ein Fan von Pyrotechnik, aber hier war es eher eine schlechte Idee, denn durch den Rauch konnte man die Bojen im Wasser nicht mehr sehen. Eigentlich konnte man auch die Lagune nicht mehr sehen.
So lief ich etwas blind drauf los, als ich an der Reihe war und fand mich auf einmal viel zu weit links wieder.
Nach einer Kurskorrektur konnte ich mich an eine kleine Gruppe heften.
So richtig gut habe ich mich aber beim Schwimmen nicht gefühlt. Musste immer mal wieder abreißen lassen und mir neue Füße suchen, an die ich mich heften konnte.
Hinzu kam dann, dass das Wasser stellenweise so niedrig war, dass man in den Boden griff. Einige Athleten sind sogar einfach aufgestanden und gelaufen, statt zu schwimmen. Durch den aufgewirbelten Sand konnte man nichts mehr sehen. On top dann noch das ganze Gestrüpp, durch das man sich wühlen musste. Immer wieder hingen mir Büschel davon an der Brille oder am Arm.
Ich sehnte das Ende entgegen.

Mein Coach hatte mir eine Zeit von 58 Minuten als Ziel vorgegeben. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich das nicht geschafft habe und war dann doch sehr überrascht, dass ich die Marke um gerade mal 40 Sekunden gerissen habe.

Wechsel auf’s Rad

Als nächstes stand ein schneller Wechsel auf dem Plan.

Doch leider lief dieser alles andere als reibungslos, denn ich bekam die Schleife des Wechselbeutel nicht auf.
Als ich es dann endlich geschafft habe, hat sich die Kordel so unglücklich verknotet, dass die Öffnung der Tüte nicht groß genug ist, um den Helm herauszubekommen. Kurzerhand reiße ich die Tüte auf und ziehe den Helm heraus. Dabei hat sich dann noch das Visier gelöst und auch der Neo sträubte sich etwas in den Sack zu passen.

Laut fluche ich: „Das war der beschissenste Wechsel aller Zeiten”.

180 Kilometer durch Nordseeland

Kaum auf dem Rad setzt Sprühregen ein. 
Auf die Wettervorhersage kann man sich hier leider nicht wirklich verlassen. Meine Hoffnung auf eine trockene Radrunde ist dahin.

Es geht durch die Innenstadt von Kopenhagen. Der Regen macht den schlechten Asphalt und den Zickzack Kurs nicht gerade angenehmer zu fahren. Es geht Kreuz und Quer. Teilweise muss man auf Radwege ausweichen, auf denen Aero- und Überholverbot gilt, da sie so schmal und verwinkelt sind. Die ersten stehen mit Reifenpanne am Straßenrand.
Ich fluche wieder vor mich hin: “Was eine Scheiße”.

Dann geht es endlich auf die Küstenstraße. Sehr guter Straßenbelag, flach und schnell. Der Tacho schießt in die Höhe und somit auch das Durchschnittstempo.

Für mein Ziel der Sub 9 gilt es auf dem Rad so weit es geht unter der 5-Stunden-Marke zu bleiben. Jede Minute, die ich hier gewinne, habe ich später beim Marathon als Puffer.

Ironman Copenhagen 2023 - Küstenstraße

Die erste Runde

Nach knapp 30 Kilometern erreichen wir Skodsborg, wo die Schleife beginnt, die ich bereits abgefahren bin.
Ich habe ein Deja-Vu. Das Wetter ist ähnlich mies wie am vergangenen Dienstag. Sowohl ich, als auch mein Rad sind nass und voller Sand. Wer liebt es nicht, aus einer Flasche mit sandigem Mundstück zu trinken?

Am Straßenrand häufen sich die Radpannen. Teilweise steht alle 10 Meter jemand, der einen Reifen wechselt oder auf Hilfe wartet. Es bilden sich sogar kleine Gruppen, die sich gegenseitig bei der Reparatur helfen. So was habe ich noch nie gesehen.
Die Wettkampfrichter auf den Motorrädern sind eigentlich nur noch damit beschäftigt, Pannenhilfe zu geben.
Ich hoffe nur, verschont zu bleiben. Aber es scheint ein reines Glücksspiel zu sein. Eine Radpanne würde meinem Ziel wahrscheinlich den Garaus machen.

Ich fahre in einer etwas größeren Gruppe, die sich zum Ende der ersten Runde aber fast vollständig aufgelöst hat.

Kurz darauf werde ich von einem Deutschen überholt, der mich fragt, ob wir zusammen arbeiten wollen. Ich bin recht dankbar dafür, da es ungemein hilft, wenn man nicht alleine fahren muss. Zu uns gesellt sich noch ein Finne, der ständig Oberlenker fährt und uns keine Führungsarbeit machen lässt. Jedes Mal, wenn sich einer von uns an die Spitze setzt, überholt er nach wenigen Sekunden wieder. Gut, dann soll er halt machen.

Ironman Copenhagen 2023 - Regen auf der Radstrecke

Die zweite Radrunde

In der zweiten Runde müssen wir uns durch die langsameren Fahrer des Feldes wühlen. Einige davon fahren leider so gar nicht, wie man es tun sollte. Manche fahren auf der Straßenmitte oder ziehen einfach mal nach links raus. Gerne fährt man auch zu Dritt nebeneinander her. Das ist nicht nur nervig, sondern auch gefährlich.
Auf den nassen Straßen muss man wegen dem Rollsplitt sowieso schon sehr aufpassen. Jetzt wird es noch anstrengender.

An der einzig etwas längeren Steigung, dem Geels Bakke, hat sich zwischenzeitlich ein kleines Stimmungsnest gebildet und auch Michelle entdecke ich am Straßenrand.

Nach etwa 120 Kilometern hört dann endlich der Regen auf. Aber die Straßen sind nass, es haben sich teils riesige Pfützen gebildet.
Spaß macht das irgendwie nicht.  Der Pannen-Counter nimmt absurde Ausmaße an.

Ironman Copenhagen 2023 - Radstrecke mit Sonne

Dann ist auch die zweite Runde geschafft und es geht zurück in die Innenstadt. Auf der langen Geraden klettert die Durchschnittsgeschwindigkeit langsam Richtung 38 km/h. Das wären etwa 4:45 Stunden. Das war insgeheim mein Wunschziel.

Mittlerweile tut mir mein Rücken weh und ich sehne mich dem Ende entgegen. Doch vorher geht es nochmal über das miese Teilstück vom Anfang der Strecke, bevor ich nach 4 Stunden und 44 Minuten endlich die Wechselzone erreiche.

Ironman Copenhagen 2023 - Rad

Der zweite Wechsel

Da die Wechselzone sehr klein ist, gibt es beim Ironman Copenhagen Bike-Catcher, die einem das Rad abnehmen. Das spart natürlich Zeit.

Da ich aus dem Desaster des ersten Wechsels gelernt habe, versuche ich erst gar nicht den Knoten des Wechselbeutel zu öffnen, sondern reiße ihn direkt auf.
Ich schlüpfe in die Laufschuhe und renne los.

Mit dem Wissen, dass ich gut in der Zeit liege, gönne ich mir den Luxus und mache einen Stop am Pissor.

Der abschließende Marathon des Ironman Copenhagen

Auf den ersten Metern denke ich, mein Rücken bricht durch. Doch das gibt sich zum Glück nach wenigen Schritten.

Die Alphafly werfen mich so krass nach vorne, dass ich einen 3:45er Pace laufe. Viel zu schnell. Ich zwinge mich auf 4:10, aber es fühlt sich an, als würde ich schleichen.
Doch ich weiß, dass es sich am Ende rächt, jetzt zu viele Körner zu verknallen. 
Ruhig und kontrolliert laufen ist die Devise.

Nach 1,5 Kilometern bekomme ich das erste von vier Rundenbändchen. Dann geht der Weg am Hafen entlang.

Vom Belag hat die Strecke alles zu bieten. Guter Asphalt, schlechter Asphalt, großes und kleines Kopfsteinpflaster und Gehwegplatte. Ich hatte im Vorfeld etwas Angst davor, da ich auf unrundem Geläuf Probleme mit den Gelenken habe, aber es läuft sich dann doch ganz gut.

In der Innenstadt ist richtig Alarm und eine Bombenstimmung. Die Helfer sind sowas von freundlich und motiviert. Das macht richtig Laune.

Mittlerweile ist auch die Sonne herausgekommen, die glücklicherweise immer wieder von Wolken verdeckt wird. So bleiben die Temperaturen im sehr angenehmen Bereich.

Ich sehe Michelle zum ersten Mal. Sie ruft mir zu, dass ich Vierter bin und etwa 2 Minuten Rückstand auf das Podium habe. Mein Primärziel ist jedoch nicht das Podium. Ich will die Sub 9 und dazu muss ich den Marathon in etwa 3 Stunden 10 laufen. 

Nachdem man das touristische Highlight Nyhavn passiert hat, wird es etwas einsamer und es warten ein paar fiese Rampen auf die Läufer, die schon auf der ersten Runde weh tun.

Ironman Copenhagen 2023 - Laufen

Runde Zwei

Dann ist die erste Runde geschafft und ich hole mir mein zweites Bändchen. Bis jetzt fühlt sich der Lauf richtig gut an.

Ich erfahre , dass ich Dritter bin und der Abstand auf den Zweiten schnell schmilzt. Ich muss grinsen. Den zweiten Platz habe ich bei Ironman Rennen irgendwie gepachtet, denn bereits in Frankfurt und Vichy wurde ich Zweiter.
Eine weitere Podiumsplatzierung wäre das Sahnehäubchen auf einem Sub-9-Finish.

Auf der Strecke gibt es zum Glück Maurten Gel und ich habe mir diesmal fest vorgenommen, alle 6 Kilometer ein Gel zu nehmen. Den Fehler, mich beim Laufen nicht gut genug zu versorgen, wollte ich heute definitiv nicht wiederholen.

Auf der dritten Runde beginnt es langsam weh zu tun. Ich merke, dass ich mir im Fußgewölbe eine Blase laufe. Das Brennen ist unverkennbar. Das Adrenalin dämpft den Schmerz aber auf ein erträgliches Maß.

Der Sieg ist zum Greifen nah

Dann die Ansage von Michelle, dass ich nur noch dreieinhalb Minuten Rückstand auf den Ersten meiner Altersklasse habe und ich schneller laufe als er. 

Ein Sieg in der Altersklasse bei einem Ironman steht auch noch auf meiner Wunschliste. Dreieinhalb Minuten sind eine Menge, aber ich habe auch noch fast 20 Kilometer diese aufzuholen. Da kann noch viel passieren. Auf jeden Fall gibt die Information die Motivation, das Tempo so gut es geht zu halten.

Leichtigkeit und Spaß sind verflogen. Jetzt ist Mindgame angesagt.

Ich treffe wenige Kilometer später meine Eltern und habe bereits 30 Sekunden gut gemacht. Das Feuer ist entfacht. Alles reinwerfen was geht.

Leider spinnt das GPS meiner Garmin. Durch die Gebäude in der Stadt bekomme ich nur unzuverlässige Werte angezeigt. Dummerweise habe ich darauf verzichtet, den Stryd Sensor zu verwenden.
So kann ich mich auf die Paceanzeige nicht verlassen und ich muss auf mein Körpergefühl vertrauen. Der Grad zum Überzocken ist schmal.

An den Verpflegungsstationen versuche ich so wenig Zeit wie möglich zu verweilen. Doch ab und an bleibe ich stehen, um zwei Becher Wasser zu trinken und ein Gel herunter zu spülen. Soviel Zeit muss sein.

Ironman Copenhagen 2023 - Nyhavn

Die letzte Runde des Ironman Copenhagen

Das vierte Rundenband. Letzte Runde. Noch knapp 10 Kilometer bis zum Ziel. Mein Abstand auf Platz 1 liegt bei einer  Minute und zehn Sekunden und ich laufe etwa zehn Sekunden schneller. Das wird sehr knapp.

Ich laufe so hart es noch geht. Halte mich mit Verpflegung nur noch kurz auf und renne einfach, was der Körper noch hergibt. Ich will mir am Ende nichts vorwerfen. Wenn es nicht reicht, dann ist das eben so. Aber ich will alles versucht haben.

Ein letztes Mal vorbei an Nyhavn, bevor endlich das Rathaus mit dem Ziel in Sicht kommt. 

Ironman Copenhagen 2023 - Closeup beim Laufen

Ironman Copenhagen Finishline

Abbiegen auf den Zielkanal. Auf der Uhr über dem Zielbogen leuchtet die Zeit mit der Renndauer. Die Sub 9 ist sicher!

Der Zielkanal brodelt vor Menschen, die auf die Bande trommeln. Es ist ohrenbetäubend. Ich laufe die letzten 100 Meter brüllend vor Freude.

8:48:34 – Unfassbar. Ich habe es geschafft. Sub 9 und dann auch noch so deutlich unterboten. Ich kann es kaum glauben. 

Ich sinke zu Boden und erblicke Michelle. Sie gibt mir zu verstehen, dass ich Erster geworden bin.

Ironman Copenhagen 2023 - Finishline

Ich bin überwältigt. Zwei große sportliche Ziele an einem Tag erreicht. Die Emotionen brechen sich Bahn. Die ganze Last und der Druck, die ich mir im Vorfeld selbst auferlegt habe, fallen von mir ab. Alle Zweifel sind weggewischt. Die Uhr bestätigt, dass ich es wirklich geschafft habe. Ich ringe um Fassung.

Für diesen Moment habe ich ein Jahr gearbeitet und genau für diese Moment liebe ich diesen Sport.

Ironman Copenhagen 2023 - Toasted

Dopingkontrolle

Im Anschluss an das Rennen werde ich von einer Mitarbeiterin der Dänischen Anti-Doping-Behörde angesprochen.
Ich muss zum Dopingtest.

Das kenne ich schon von Frankfurt 2018, wo ich schon einmal getestet wurde.

Ich bekomme einen Bewacher an die Seite gestellt, der aufpasst, dass ich nichts manipulieren kann.
Ich werde in einen abgesperrten Bereich gebracht. Dort fange ich in meinen nassen Klamotten extrem an zu zittern, so dass ich mich erstmal umziehen darf.

Als ich Schuhe und Socken ausziehe, sehe ich die Blasen, die sich an meinen Füßen gebildet haben. Sie sind gigantisch. Das wird mich eine Weile beschäftigen. Wie war das mit “der Schmerz geht, der Stolz bleibt”?

Dann werden diverse Daten abgefragt, bevor ich in einen Becher pinkeln muss. Das Ergebnis sieht lustig aus, denn am Vorabend habe ich einen Liter Rotebeete Saft getrunken. Der Arzt muss lachen, als er den Becher sieht.

Ich muss die Testgläser selbst befüllen und versiegeln. Als alles verpackt ist, bin ich entlassen.

Ich finde es sehr gut, dass auch Agegrouper getestet werden. Das müsste eigentlich in viel größerem Umfang stattfinden.

Nach der Prozedur hole ich direkt mein Rad ab. Ich bin doch ziemlich angeknockt und will auf die Couch. Wir müssen noch eine halbe Stunde mit dem Bus fahren. Zum Glück kann man sein Rad mitnehmen.
Nicht so glücklich ist, dass wir nach 10 Minuten merken, dass wir in die falsche Richtung fahren. Weitere 50 Minuten später sind wir endlich in unserer Wohnung.

Ironman Copenhagen 2023 - Bus

Die Ironman Copenhagen Award Ceremony

Am Morgen nach dem Rennen wache ich früh auf. Ich habe dann doch noch etwas geschlafen.
Auch am Tag nach dem Rennen scheint mir das alles noch sehr surreal. Ist das gestern wirklich passiert?

Wir machen uns mit Leihrädern auf den Weg in die Innenstadt zur Award Ceremony, die in einem ungewöhnlichem Hotel stattfindet.

Es gibt kostenlosen Kaffee und Croissants und so frühstücken wir erstmal etwas, während wir auf den Start der Veranstaltung warten.

Die Siegerehrung des Ironman Copenhagen beginnt mit der Überreichung der Trophäen. Danach erfolgt die Vergabe der Slots für die Weltmeisterschaften. Es gibt 45 Slots für Kona 2023 für die Frauen und 20 Slots für Kona 2024 für die Männer.

Irgendwann ist meine Altersklasse an der Reihe und mein Name wird aufgerufen. Ich bekomme die manifestierte Bestätigung meiner Leistung. Den Award für den ersten Platz in der Altersklasse. 

Die Slotvergabe für Kona

Dann beginnt die Slotvergabe der Frauen. In den älteren Altersklassen gehen die Slots noch recht zügig über den Tisch, doch dann beginnt das Spiel, das man schon von anderen Rennen kennt. Die Slots werden nicht angenommen und bleiben liegen. Um das Prozedere abzukürzen, wird irgendwann nur noch gefragt, ob irgendeine Frau aus der Altersklasse nach Kona zur Weltmeisterschaft möchte.
Meiner Meinung nach ein unwürdiges Schauspiel, das zeigt, wie sehr Ironman mit der Zweiteilung die Frauen WM sportlich entwertet hat.
Aufgrund von mangelndem Interesse werden nicht alle Slots vergeben. Mal wieder.

Bei den Männern sieht es dann etwas anders aus. Die Slots für Kona 2024 sind rar und heiß begehrt. 

Als ich aufgerufen werde, verzichte ich auf den Slot. Ich war zweimal auf Hawaii und habe das Glück gehabt, auf Kona 2018 noch das klassische Ein-Tagesevent mit Massenstart zu erleben. Das jetzige Format sehe ich sehr skeptisch und deshalb fällt mir der Verzicht nicht schwer.

Klar würde ich gerne wieder nach Hawaii, aber man muss sich das auch leisten können und wollen. Die Kosten für den Trip nach Hawaii sind enorm gestiegen. Einen fünfstelligen Betrag muss man dafür schon investieren. Zudem geht für die Reise nach Hawaii fast der gesamte Jahresurlaub drauf. Vielleicht in ein paar Jahren mal wieder. Wer weiß. Aber auf meiner Todo-Liste stehen noch viele andere Rennen.

Ich freue mich aber sehr für einen Vereinskollegen, der in meiner AK vom Rolldown profitieren und doch etwas unerwartet einen Slot ergattern kann.

Ironman Copenhagen 2023 - Award

Lazy Monday

Den Rest des Tages quatschen wir mit bekannten Gesichtern, die wir lange nicht gesehen haben, und Instagram-Bekanntschaften, die wir hier in Kopenhagen zum ersten Mal im echten Leben treffen. Das ist immer cool. Es heißt ja nicht umsonst, dass Sport verbindet.
Wir bummeln durch die Stadt, gehen abends noch mit meinen Eltern Essen und feiern den Erfolg.

Nun folgen noch knapp zwei Wochen Urlaub in Dänemark. Doch Füße hochlegen ist auch nicht, denn für kommenden Sonntag haben wir uns für einen Halbmarathon angemeldet. Ob ich diesen mit meinen geschundenen Füßen allerdings laufen kann, wird sich zeigen.

Mein Fazit zum Ironman Copenhagen

Nach so einem Sahnetag, an dem man alle seine Ziele erreicht, kann das Fazit ja eigentlich nur positiv sein.

Doch das mal beiseite gelassen, muss man sagen, dass Kopenhagen eine wirklich schöne Stadt ist. Der Flair und die Atmosphäre ist wirklich toll und die Stadt allein ist eine Reise wert. Alleine das Netzwerk der Fahrradwege ist schon so geil. Es macht einfach Laune mit einem Rad die Stadt zu entdecken.

Der Ironman Copenhagen ist top organisiert. Man merkt, dass das Rennen bereits seit 10 Jahren ausgetragen wird.
Die Eventarea außerhalb der Stadt direkt am Strand ist sehr schön und mit dem Rahmenprogramm von 5k Fun Run, Supersprint Triathlon, Schwimmtraining und anderen Angeboten hebt sich der Ironman Copenhagen von vielen anderen Ironman Veranstaltungen ab und bietet auch für die Begleitung einiges an Unterhaltung.

Die Strecke

Die Schwimmstrecke ist einfach zu schwimmen, bietet durch das Salzwasser eine Portion extra Auftrieb und hat durch ihre geschützte Lage kaum Wellengang und Strömung.
Den Vorteil bezahlt man allerdings durch stellenweise sehr flaches Wasser und viele Pflanzen. In manchen Jahren gibt es wohl auch Probleme mit Quallen, die uns dieses Jahr zum Glück erspart blieben.

Die Radstrecke hat viele Schattenseiten. Schlechter Belag, sehr unrunde Passagen durch die Stadt und dann diese extreme Pannenquote bei Nässe. Auf der anderen Seite ist es eine wirklich schnelle Strecke. Ich bin hier meine schnellsten 180 Kilometer gefahren und habe dafür relativ wenig Watt investieren müssen.

Die Laufstrecke ist sehr abwechslungsreich und mit vielen Stimmungsnestern gespickt. Der Untergrund ist zwar auch hier nicht perfekt, aber selbst ich, der aufgrund sehr schlechter Gelenkstabilität Probleme auf unebenem Geläuf hat, bin gut durchgekommen.

Die Atmosphäre ist toll. Man wird frenetisch angefeuert. Die Helfer sind mit Herzblut bei der Sache und helfen und unterstützen, was das Zeug hält.

Kurz gesagt, der Ironman Copenhagen gilt zurecht als einer der schönsten der Ironman Serie. On top bekommt man eine bestzeitenfähige Strecke, wenn man denn ohne Panne durchkommt.

Ironman Copenhagen 2023 - Medallie

Strava Aktivitäten zum Ironman Copenhagen 2023: swim – bikerun

Infos zum Ironman Copenhagen auf der Veranstalter Webseite